Teil 6: Optionen rollen – Verteidige Optionstrades erstaunlich einfach wie ein Profi

Optionen rollen
Das Rollen von Optionen

Im vorherigen Artikel haben wir das Glattstellen von Optionen und die Gewinnmitnahme behandelt. Doch nicht immer ist das ohne weiteres möglich. Manche Trades laufen gegen uns und müssen verteidigt werden – hierzu können wir unsere offenen Optionen rollen, um Verluste zu verhindern. Selbst Profis können nicht vermeiden, dass Optionstrades in Schieflage geraten, das gehört an der Börse eben dazu.

Anders als bei Aktienpositionen, die bei einen Kursverlust direkt an Wert verlieren, gibt es beim Optionshandel Methoden, um aus schlechten Trades noch Gewinner zu machen. Das Rollen ist eine hervorragende Verteidigungsmöglichkeit und ein Alleinstellungsmerkmals des Optionshandels. Wie können wir unsere Trades verteidigen?

Inhaltsverzeichnis

Definition - Was ist das Rollen von Optionen?

Ein Optionshändler kann seine in Schieflage geratenen Optionspositionen adjustieren – die Optionen rollen. In Betracht gezogen wird das, wenn sich der Kurs des Basiswerts dem Basiswert nähert oder bereits im Geld ist und eine Ausübung der Option verhindert werden soll. Eine Option hat immer eine Kontraktmenge, einen Basispreis (Strike) und einen Verfallstag (Expiring Day). Wollen wir Optionen rollen, setzen wir bei genau bei diesen Punkten an. Während das Rollen des Basispreises oder des Verfallstags zu den einfachen Methoden gehört, ist das Rollen mit einer Veränderung der Kontraktmenge schon eher eine fortgeschrittene Methode. In der Regel werden nur Short-Positionen gerollt – wenn wir also als Stillhalter auftreten.

Technisch gesehen, besteht der Vorgang des Rollens aus zwei Optionstrades, dem Glattstellen von Optionen und der Neueröffnung von Optionen. Folgende Rollmethoden gibt es:

  • Hoch rollen: Erhöhung des Basispreises (in der Regel bei Short Call Optionen)
  • Runter rollen: Senkung des Basispreises (in der Regel bei Short Put Optionen)
  • Vorwärts rollen: Veränderung des Verfallstags (sowohl bei Short Call als auch Short Put)
  • Hoch oder runter und vorwärts rollen: Veränderung des Basispreises und des Verfallstags.
  • Rollen mit Erhöhung der Kontraktmenge.
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Wann ist das Rollen von Optionen sinnvoll?

Ob das Rollen einer Option sinnvoll ist oder nicht, hängt einerseits vom Basiswert selbst ab und andererseits von der Handelsstrategie des Optionshändlers. Glaubst Du an den Trade, obwohl die Option ins Geld gelaufen ist, dann kann das Rollen der Option Sinn machen. Gehst Du dagegen davon aus, dass der Basiswert weiterhin gegen dich laufen wird, dann würde ich persönlich das Glattstellen vorziehen und den Verlust zwar realisieren, aber auch begrenzen. 

Hast Du eine Option auf einen Basiswert, der kein hohes Handelsvolumen hat und daher nicht sehr liquide ist, kann es sein, dass Du keine Strikes findest, für die Du genug Prämie zur Deckung des Rückkaufs erhältst. Damit verschlechterst Du deinen Ertrag.

Ziel ist es, die Prämie zu behalten, die Gewinnwahrscheinlichkeit zu erhöhen und im besten Fall zusätzlich für das Rollen und das Verlängern des Trades bezahlt zu werden. Ist das erfüllt, dann solltest Du das Rollen in Erwägung ziehen.

Optionen rollen - Wie wird eine Option gerollt?

Wenn Du Optionen rollen möchtest, musst Du zuerst die zugrunde liegende Position glattstellen. Eröffne danach eine neue Position auf denselben Basiswert mit einem anderen Strike, einem anderen Verfallstag und gegebenenfalls mit erhöhter Kontraktmenge. 

Die Trader Workstation von Interactive Brokers* bietet hierzu eine einfache Lösung an: Per Rechtsklick auf eine offene Option wählst Du im Kontextmenü oben den blauen Button Verlängerung aus. 

Rollen in der TWS
Rollen in der TWS

Dadurch gelangst Du in die Optionskette des Basiswerts, in dem bereits der Rückkauf der Option enthalten ist, nun wählst Du nur noch einen neuen Strike und/oder einen neuen Verfallstag aus und übermittelst die Order. Möchtest Du allerdings die Kontraktmenge verändert, so musst Du zwei Schritte machen:

  1. Die Option schließen 
  2. Einen einen neuen Trade eröffnen
Wichtig ist: Durch das Rollen einer Option ohne Veränderung der Kontraktmenge wird das Risiko selten verändert, im Gegenteil. Die Verlustrisiken bleiben gleich, die Gewinnwahrscheinlichkeit wird in der Regel erhöht. Durch die Erhöhung der Kontraktmenge wird allerdings auch das Risiko verändert – was sich auch in der nahezu verdoppelten Marginanforderung bemerkbar macht. Die Erhöhung sollte entsprechend nur mit ausreichend Kapital durchgeführt werden.

Optionen rollen - Szenarien und Beispiele

Für ein besseres Verständnis für das Rollen von Optionen erkläre ich dies anhand von Beispielen aus verschiedenen Szenarien. Insbesondere möchte ich Beispiele mit den unterschiedlichen Optionen Covered Call, Cash-Secured Put und Spreads (Bear Call Spread und Bull Put Spread) aufzeigen.

Szenario 1: Cash-Secured Put ist im Geld

Gerät der Cash-Secured Put in Schieflage, kannst Du ihn runter und/oder vorwärts rollen. Hier habe ich ein Praxisbeispiel aus meinem Optionsdepot. Am 13.06.2022 habe ich einen Cash-Secured Put auf den ETF SPDR GOLD SHARES (Symbol: GLD) mit einer Laufzeit von 32 Tagen verkauft – ein klassisches Stillhaltergeschäft. Kurz vor dem Verfallstag war die Option im Geld und ich wollte sie mir nicht andienen lassen. 

Rollen eines Cash-Secured Put - die Ausgangssituation
Cash-Secured Put rollen - Die Ausgangssituation
Einen Tag vor dem Verfallstag, am 14.07.2022 war der Kurs des ETF auf circa 161 $ gefallen und damit 5 $ unter meinem Strike. Ich habe die Option lediglich vorwärts auf den Verfallstag 19.08.2022 gerollt – den Strike habe ich bei 166 $ belassen. Meine Annahme war, dass Gold in der aktuellen Inflation eher steigt, ich glaubte weiterhin an meinen Trade und an den Strike. Durch den neu hinzugewonnen Zeitwert der Option (1 Monat länger) habe ich dafür 87 $ zusätzlich eingenommen.
 
Ist-Situation am 09.08.2022:
  • Option: -1 GLD Aug19’22 166 PUT
  • Kurs am 09.08.2022: 167,31 $
  • Prämie: 140 $ + 87 $ = 227 $
Um die Option auf einen anderen Verfallstag zu rollen, habe ich am 14.07. meine Option glattgestellt und dafür 765 $ bezahlt. Damit war ich erstmal im Verlust: 140 $ Prämie – 765 $ = – 625 $. Im zweiten Schritt habe ich dann den neuen PUT für eine Prämie von 852 $ verkauft. Damit war ich in Summe wieder im Plus: – 625 $ + 852 $ = 227 $.
 
Der Trade läuft noch 10 Tage und würde aktuell wertlos verfallen. Ich dürfte also die 227 $ behalten. Da ich mich darauf aber nicht verlasse, schließe ich den Trade, wenn ich 75% der Prämie vereinnahmen kann. Ich kaufe den Put also zurück, wenn die Option noch 56,75 $ (25% von 227 $) wert ist. Dies erhöht die Gewinnwahrscheinlichkeit, wie im vorherigen Artikel beschrieben.
 

Update am 12.08.2022:
Mein Put hat die 75%-Gewinnschwelle überschritten und wurde per vorab gesetzter Take-Profit-Order für 52 $ zurückgekauft. Ich habe damit eine Gesamtprämie von 175 $ (77% von 227 $) eingenommen.

Cash-Secured Put rollen - Abschluss des Trades
Cash-Secured Put rollen - Abschluss des Trades

Szenario 2: Covered-Call ist im Geld

Läuft der Covered-Call ins Geld, musst Du überlegen, ob Du die Option auslaufen lässt und damit einen Gewinn realisieren kannst oder ob Du die Option rollst. Eventuell ist dein Strike unter deinem Kaufkurs und Du möchtest einen Verlust verhindern. Beim Covered-Call ist das Vorgehen wie beim Cash-Secured Put, nur, dass die Option hoch und/oder vorwärts gerollt wird.

Nehmen wir an, Du hast 100 SAP-Aktien mit einem Kaufkurs von 90 € im Depot und verkaufst einen Covered-Call mit einem Strike von 95 € für eine Prämie von 120 € und einer Laufzeit von 30 Tagen. Kurz vor dem Verfallstag ist die Option im Geld, da SAP bei 97 € notiert – die Ausübung der Call-Option steht also bevor. Du kannst dich natürlich dazu entschließen, die Option verfallen zu lassen und einen Gewinn von 5 € je Aktie plus Prämie von 120 € mitzunehmen. Dies ist die Verpflichtung aus dem Stillhaltergeschäft. Wahrscheinlicher ist aber, dass Du nicht für 95 € verkaufen möchtest, wenn der Kurs bei 97 € ist. Hier kommt das Rollen der Option ins Spiel. 

Um die Ausübung der Option zu verhindern, musst Du den Strike erhöhen. Du stellst den offenen Covered-Call glatt, in dem Du ihn zurückkaufst. Zugleich suchst Du eine neue Call-Option mit einem höheren Strike, beispielsweise 99 €. Um dafür eine ausreichende Prämie zu vereinnahmen, um die Kosten des Rückkaufs der Call-Option abzudecken, wählst Du ein Verfallsdatum, das weiter in der Zukunft liegt. 

Im Optimalfall sieht die Rechnung wie folgt aus (beispielhaft):
Verkauf des Covered Call: 120 € (1 SAP Jun17’22 95 CALL)
Glattstellen des Covered Call: – 250 €
Verkauf neuer Covered Call: 295 € (1 SAP Jul15’22 99 CALL)
realisierte Prämie: 165 €

Wenn Du davon ausgehst, dass der Kurs eher wieder fällt, kannst Du auch nur vorwärts rollen und den Strike halten, wie ich es beim Cash-Secured Put gemacht habe. Damit realisierst Du mehr Prämie, gehst aber auch ein höheres Risiko ein.

Szenario 3: Rollen eines Bull Put Spreads

Das Rollen eines Spreads unterscheidet sich nicht grundsätzlich vom Rollen eines Puts oder Calls. Der Unterschied ist lediglich, dass ein Spread aus 2 Optionen besteht und das Rollen daher nicht aus 2 Optionen (Glattstellen und neuer Verkauf), sondern aus 4 Optionen besteht.

Bist Du der Ansicht, dass ein Basiswert sich positiv entwickelt und der Kurs steigt, kannst Du eine Prämie mit einem Bull Put Spread einnehmen. Hierzu verkaufst Du einen Put (Short Put) und kaufst einen Put (Long Put). Der Long Put ist dabei weiter aus dem Geld als der Short Put. Der Spread hat den Vorteil, dass Du das Risiko auf den Spread selbst reduzierst. 

Willst Du den Spread rollen, musst Du den Short Put zurück kaufen, den Long Put verkaufen und dann einen neuen Bull Put Spread mit niedrigeren Strikes schreiben oder nur ein weiter entferntes Verfallsdatum wählen.

Szenario 4: Rollen eines Bear Call Spreads

Der Bear Call Spread wird gerollt wie der Bull Put Spread. Mit dem Bear Call Spread setzt Du auf fallende Kurse und verkaufst einen Call (Short Call) und kaufst einen Call (Long Call). Der Long Call liegt dabei weiter aus dem Geld als der Short Call. Steigt der Kurs und der Spread ist im Geld, musst Du reagieren, insbesondere, wenn der Kurs zwischen deinen Strikes ist. 

Um den Spread zu Rollen, kaufst Du den Short Call zurück, verkaufst den Long Call und schreibst einen neuen Bear Call Spread mit höheren Strikes. Um die Prämie des Glattstellens wieder zu erhalten oder deine Gesamtprämie gar zu erhöhen, wählst Du einen weiter entfernen Verfallstag.

Szenario 5: Rollen eines Cash-Secured Puts mit starken Kursverlusten im Basiswert

Es kommt vor, dass ein Basiswert stark gegen deine Einschätzung läuft. Du möchtest die Option rollen und findest aber keinen Strike und Laufzeit, um die Kosten der Glattstellung zu decken. Hier kommt die Erhöhung der Kontraktmenge in Frage. Dies sollte gut überlegt sein und nur Anwendung finden, wenn das Runter- und/oder Vorwärtsrollen nicht ausreichend ist und ausreichend Kapital (Margin) zur Verfügung steht!

Nehmen wir an, Du hast am 09.02.2022 einen einen Cash-Secured Put auf WYNN Resorts mit einer Laufzeit von 37 Tagen (Verfallstag 18.03.2022) und einem Strike von 87,50 $ verkauft. Der Kurs notierte bei 93,79 $. Dafür hast Du eine Prämie von 289,50 $ erhalten.

Am 16.03.2022 – 2 Tage vor der drohenden Ausübung der Option – notierte die Aktie bei einem Kurs von 75,17 $. Das Glattstellen dieser Option kostet nun 1.232,50 $. 

Rollen eines Cash-Secured Puts mit starken Kursverlusten im Basiswert
Rollen eines Cash-Secured Puts mit starken Kursverlusten im Basiswert

Selbstverständlich gibt es weitere Varianten. Du könntest noch weiter vorwärts rollen oder aber die Kontraktmenge auch auf 3 erhöhen. Letztendlich kommt es darauf an, ob Du an den Trade glaubst. Der Kurs steht am 11.08.2022 bei 68,74 $. Es besteht also die Chance, dass Du spätestens zum 16.09.2022 nach Variante 3 mit Gewinn aus dem Trade kommst. Eventuell kannst Du die Option sogar vorher mit Gewinn glattstellen.

Fazit - mit dem Rollen den Trade schützen und die Gewinnwahrscheinlichkeit erhöhen

In diesem Artikel haben wir beschrieben, wie Du Optionen rollen kannst. Mit dem Rollen einer Option, hat ein Stillhalter ein hervorragendes Instrument, Trades in Schieflage noch in den Gewinn zu führen. Keine andere Anlageform bietet einen solchen Schutzmechanismus an. Das Rollen von Optionen ist nicht auf die gezeigten Beispiele begrenzt, ein Trader kann jede Form von Optionen rollen. Auch Options-Kombinationen wie Butterfly, Iron Condor, Strangle, Straddle oder Vertical Spread. 

Es handelt sich beim Rollen der Optionen nicht nur um eine Verteidigung des Trades, sondern unter günstigen Bedingungen häufig auch um eine Gewinnmaximierung. Im WYNN-Beispiel wurde die ursprüngliche Prämie von 289,50 $ auf 457 $ erhöht – allerdings aber auch mit deutlich längerer Laufzeit.

Wichtig: Gestehe Dir unbedingt ein, wenn Du mit einem Trade vollkommen daneben liegst und versuche nicht zwanghaft zu retten. Manchmal ist es besser, einen Trade glattzustellen und einen Verlust zu realisieren, bevor er zu groß wird. Sicherlich besteht die Chance, aus jedem Trade mit mindestens +/- 0 heraus zukommen. Was aber hätten dir in dieser Zeit andere lukrativere Trades einbringen können?

Inhalt der Artikelserie

Bücher über den Optionshandel

Ein wenig Theorie schadet nie. Für einen umfassenden Einblick in die Welt der Optionen ist es sinnvoll, das ein oder andere Buch zum Thema zu lesen. Wenn diese über die nachfolgenden Links bezogen werden, wird auch meine Arbeit unterstützt.

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3 Gedanken zu „Teil 6: Optionen rollen – Verteidige Optionstrades erstaunlich einfach wie ein Profi“

  1. Hallo Mathias,
    man sollte zwischen einem CSP und SP unterscheiden.
    Der Unterschied besteht darin, dass man bei einem CSP die Aktien angedient bekommen will.
    Bei einer SP Strategie möchte man nur die Prämien einnehmen.

    Deswegen ist es unsinnig einen CSP rollen zu wollen.

    Grüße Rainer

    Antworten
    • Hallo Rainer,
      vielen Dank für Deinen Kommentar. Beim CSP handelt es sich um einen Cash-Secured Put – das bedeutet lediglich, dass im Falle einer Andienung des Basiswerts entsprechend Cash vorhanden ist, nicht aber, dass man den Basiswert auch angedient bekommen möchte. Letztendlich ist das eine Sache das Risiko- und Moneymanagements, eben wie viel Risiko man eingeht (auf Margin oder eben nicht). Ich habe mit CSP begonnen und wollte den Basiswert nicht haben, habe erst später begonnen, auf Margin zu handeln.

      Liebe Grüße,
      Mathias

      Antworten

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